Als leitende Orthoptistin an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie hilft Ulrike Pichler Patientinnen und Patienten jeden Alters, die unter angeborenen oder erworbenen Funktionsstörungen der Augen sowie Sehstörungen leiden. Ihr Alltag ist geprägt von der Untersuchung und Behandlung einer Vielzahl von Krankheitsbildern – vom Schielen über Doppelbilder bis hin zu Schwachsichtigkeit sowie Augen-bedingten Kopfschmerzen und Schwindel. Die Begegnung mit dem Beruf „Orthoptistin“ war eigentlich eine eher zufällige, heute ist sich Ulrike Pichler sicher, dass sie ihre Berufung gefunden hat.
„Das war tatsächlich ein glücklicher Zufall. Nach meiner Reifeprüfung wusste ich nicht genau, wohin die Reise beruflich gehen sollte. Durch meine Mama, die als Pflegekraft tätig war, stieß ich auf eine Ausschreibung und arbeitete zunächst als Sekretärin in einer Sehschule. Schon bald hatte ich den Beruf der Orthoptistin ins Auge gefasst und wusste, dass das der Beruf ist, den ich gerne ausüben würde. Meine Berufung hat sozusagen mich gefunden.“
Bis Ulrike Pichler 2000 ihre Ausbildung zur Orthoptistin begann, arbeitete sie zwei weitere Jahre im Sekretariat der Sehschule. Der Grund: die Ausbildung wurde damals ausschließlich in Wien und Salzburg angeboten und startete nur alle paar Jahre. Mit viel Glück und Engagement wurde sie schließlich eine der sechs Auserwählten unter zahlreichen Bewerberinnen und Bewerbern. Nach ihrer Ausbildung führte sie ihr Weg ins Kepler Universitätsklinikum – eine Entscheidung, die sie bis heute glücklich macht.
Ihr Arbeitstag in der Orthoptik und Kinderophthalmologie beginnt gegen 08.00 Uhr. Sie startet damit, einen Blick in den Terminkalender zu werfen und Begutachtungen sich und ihrem Team zuzuweisen. Patientinnen und Patienten sind an der Orthoptik fast immer bei denselben Kolleginnen eingeteilt – einige von ihnen kennt sie dadurch schon über Jahre. Anschließend widmet sich Ulrike Pichler den geplanten Patientinnen und Patienten welche planmäßig bis 15.00 Uhr eingeteilt sind. Am späten Nachmittag stehen organisatorische Aufgaben, Recherchen sowie der Austausch – mitunter zu komplexen Fällen – mit den Kolleginnen am Programm.
Auch heute noch, nach vielen Jahren als Orthoptistin im KUK, gibt es vieles was Ulrike Pichler Freude bereitet.
„Ich schätze es sehr, dass bei uns kaum gerätebasiert gearbeitet beziehungsweise diagnostiziert wird. Stattdessen prägen Untersuchungen mit einfachsten Mitteln, Überlegungen und gelegentlich auch Recherchen unseren Arbeitsalltag. Dadurch fühlt sich die Diagnose von Krankheitsbildern manchmal fast ein bisschen wie das Lösen eines Rätsels an. Dank dieser einfachen Untersuchungsmethoden können wir die Diagnostik bei Kindern spielerisch gestalten – sehr zur Freude der kleinen Patientinnen und Patienten, aber auch zu unserer eigenen. Ich arbeite eigenständig und gleichzeitig in einem großartigen interdisziplinären Team, das jede Altersgruppe von Patientinnen und Patienten betreut – diese Mischung bringt viel Abwechslung in meinen Alltag. Und wo wir gerade bei Abwechslung sind: das für mich spannendste Krankheitsbild in der Augenheilkunde ist – gerade wegen der Vielfältigkeit, die es mit sich bringt – definitiv das Schielen, auch, weil es erlaubt, immer wieder etwas Neues zu lernen. Bei uns werden sehr komplexe Schiel-Operationen durchgeführt, die in vielen anderen Kliniken nicht gemacht werden. An dieser Stelle möchte ich auch OÄ Dr.in Elke Schmidbauer erwähnen, welche diese Eingriffe wirklich super meistert. Wie man sieht gibt es vieles an meiner Arbeit als Orthoptistin, das mir Freude bereitet. Generell habe ich nach 22 Jahren im Job nicht das Gefühl, dass ich bereits alles weiß und nichts Neues mehr kommt (ganz im Gegenteil) und das ist wirklich toll. Der tägliche Austausch im Team, die Motivation und das Engagement meiner Kolleginnen, auf die ich mich zu 100 Prozent verlassen kann, sowie unser Zusammenhalt sind für mich ein ständiger Antrieb.“
Neben diesen Aspekten empfindet Ulrike Pichler es als unglaublich schönes Gefühl, die Therapieerfolge ihrer Patientinnen und Patienten zu sehen und zu wissen, dass sie und ihre Kolleginnen den Grundstein dafür gelegt haben, damit diese ihr Leben künftig mit guter Sicht bestreiten können.
Anderen Menschen dabei helfen zu können, ihren Alltag wieder zu bewältigen, ihnen ihre Freude zurückzugeben, ihnen teilweise auch zu ermöglichen, wieder einem Beruf nachzugehen und indirekt auch gegen die Stigmatisierung von Funktionsstörungen oder Sehstörungen der Augen zu arbeiten ist ein unfassbar tolles und vor allem erfüllendes Gefühl – meine/unsere Arbeit macht einen echten Unterschied.
Natürlich gibt es auch Tage, an denen nicht alles nach Plan verläuft – etwa, wenn Ulrike Pichler einer Patientin oder einem Patienten mitteilen muss, dass eine Weiterführung der Therapie nicht mehr sinnvoll ist. Doch selbst an solchen Tagen findet sie ihren Ausgleich.
„An herausfordernden Tagen hilft mir Sport, um den Kopf freizubekommen – je nach Jahreszeit fahre ich Rad oder gehe ins Fitnessstudio oder gehe wandern. Außerdem koche (und esse) ich liebend gerne. Auch die Gesellschaft von Freunden genieße ich nach solchen Tagen sehr gerne.“
„Wir verordnen jede Woche mindestens bei fünf bis sechs Kindern das Tragen von einem Augenpflaster, das ist wirklich viel und eine große Herausforderung für die ganze Familie. Die meisten Kinder freuen sich sehr, wenn sie die Pflaster nicht mehr brauchen – aber ich erinnere mich gut an ein Mädchen, das richtig traurig war, als sie keines mehr tragen musste weil ihr die bunten Pflaster so viel Freude gemacht haben.“