Erstmals in Oberösterreich kommt am Kepler Universitätsklinikum ein Roboter bei einer Cochlea-Implantation zum Einsatz. Während robotergestützte orthopädische Operationen schon länger möglich sind, ist dies bei der Implantation von Cochlea-Implantaten neu – ein Meilenstein der modernen Medizintechnik, der eine neue Ära in der Cochlea-Implantatchirurgie einleitet. So werden diese Eingriffe zukünftig noch präziser gestaltet – zum Nutzen von Patientinnen und Patienten sowie Chirurginnen und Chirurgen.
Mit dem neuen System werden ab sofort an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde unter der Leitung von Prim. Dr. Paul Zwittag Cochlea-Implantatoperationen robotisch unterstützt. Angewendet wurde dieses Verfahren erstmals Mitte Dezember 2024. Ziel ist es, dies zukünftig bei jeder Cochlea-Implantatoperation zu nützen. Der erste Eingriff ist vielversprechend verlaufen.
Patientinnen und Patienten mit angeborener Taubheit beziehungsweise mit hochgradiger Schwerhörigkeit unterschiedlicher Ursache kann seit längerem mit einem Cochlea-Implantat geholfen werden. Das Implantat ist eine Art Sinnesprothese und nutzt die direkte Stimulation der Hörnerven in der Cochlea (Ohrschnecke). Die Elektrode, welche in die Cochlea eingebracht wird, ist an der Spitze nur 0,5 Millimeter und am Schaft ca. 1,3 Millimeter im Durchmesser. Um diese Elektrode so genau und schonend wie möglich in die Ohrschnecke einbringen zu können, wurde ein System entwickelt, welches diesen Vorgang unterstützt. Das System bewirkt ein langsames, zielgerichtetes und regelmäßiges Einsetzen einer Cochlea-Elektrode in die Ohrschnecke.
Der chirurgische Zugang zur Cochlea wird in herkömmlicher Art und Weise durchgeführt. Das Bohren des Felsenbeinknochens, das Aufsuchen der Ohrschnecke und die Darstellung des runden Fensters erfolgt durch die Chirurgin oder den Chirurgen. Das robotische System übernimmt dann die zielgerichtete sichere und kontinuierliche Elektrodeninsertion in die Cochlea. Dafür wird die Elektrode in die Pinzette des OTODRIVE-Systems eingesetzt und diese dann zum runden Fenster der Cochlea positioniert. Von da an erfolgt per Steuerung des Systems durch die Chirurgin oder den Chirurgen, das Einbringen der Elektrode mit einer Geschwindigkeit von 0,1 Millimeter pro Sekunde. Somit dauert das Inserieren einer 30 Millimeter kleinen Elektrode rund fünf Minuten. Diese sehr langsame Technik ist für die Ohrschnecke schonender und kann nur mit robotischer Unterstützung gewährleistet werden. Die menschliche Hand ist nicht fähig, eine so langsame kontinuierliche Insertion durchzuführen.
„Die Etablierung dieses Systems ist ein wichtiger Schritt zu einer universitären Versorgung von Patientinnen und Patienten, welche ein Cochlea-Implantat benötigen, auf höchstem medizinischen Niveau. Dieses System ist für Menschen jeglichen Alters geeignet und zugelassen,“ sagt Prim. Dr. Paul Martin Zwittag, MBA, MSc, Vorstand der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum.