Am Kinderherz Zentrum des Kepler Universitätsklinikums wurden bis dato 250 Herzeingriffe im Mutterleib bei ungeborenen Kindern durchgeführt. Damit liegt das Kinderherz Zentrum in Linz gemeinsam mit der Klinik in Boston, Harvard Medical School, weltweit an der Spitze. Seit 2014 werden im Rahmen dieser Eingriffe in besonderen Fällen auch Stents in die kleinen Herzen von Ungeborenen implantiert. Mittlerweile konnte dieser komplexe Eingriff bereits 11 Mal erfolgreich durchgeführt werden.
Diese Ungeborenen leiden an einem angeborenen Herzfehler (Hypoplastisches Linksherzsyndrom), bei denen der Abfluss des Blutes aus den Lungen von den Vorhöfen in die Herzkammern nicht möglich ist. Hier hat sich die lebensnotwendige Verbindung zwischen den beiden Herzvorhöfen vorzeitig verschlossen, wodurch die Lunge schon vor der Geburt schwer geschädigt wird und daher diese Kinder nach der Geburt entweder gar nicht lebensfähig sind oder sonst mit großem Aufwand und unkalkulierbarem Risiko sofort notoperiert werden müssen. „Mittels einer langen Hohlnadel wird beim ungeborenen Kind ein neun Millimeter langer und drei Millimeter im Durchmesser haltender Stent ins Herz (in die Vorkammerscheidewand) unter Ultraschallsicht implantiert. Dadurch wird die lebensnotwendige Verbindung zwischen den beiden Vorhöfen wiederhergestellt und so bereits vor der Geburt ein ausreichender Abfluss des Bluts aus der Lunge gesichert,“ erklärt Dr.in Iris Scharnreitner, leitende Oberärztin für Fetomaternale Medizin an der Universitätsklinik für Gynäkologie, Geburtshilfe und Gynäkologische Endokrinologie.
Diese Kinder kommen dann kontrolliert per Kaiserschnitt zur Welt und werden anschließend auf der Neugeborenenintensivstation bis zu ihrer Operation gut überwacht. Aufwändige und riskante notfallsmäßige Maßnahmen wie akute Herzkathetereingriffe, Akutoperationen, Anschluss an eine Herz-Lungenmaschinen etc., mit denen man sonst versuchen muss, das Leben der Kinder zu retten, sind nicht mehr notwendig. „Aufgrund des pränatal implantierten Stents sind die Kinder nach der Geburt überlebensfähig, haben bessere Lungen und eine ausreichende Sauerstoffsättigung. So erreichen die Neugeborenen in einem stabilen Zustand die notwendige Herzoperation am Ende der ersten Lebenswoche mit wesentlich besseren Überlebenschancen,“ so Univ.-Prof. Prim. Dr. Gerald Tulzer, Vorstand der Klinik für Kinderkardiologie.
Ein derartiger Eingriff in einem nur ca. 2 cm großem Herzen erfordert eine perfekte Zusammenarbeit von Kardiologinnen, Kardiologen, Pränatalmedizinerinnen und Pränatalmedizinern. Neben den drei üblichen Dimensionen kommen hier noch zwei weitere dazu:
„Durch unsere große Erfahrung bei mehr als 250 fetalen Herzeingriffen sind wir in der Lage auftretende Komplikationen rasch zu erkennen und zu behandeln. Unsere Ergebnisse und Erfahrungen konnten wir in mehreren hochrangigen Fachzeitschriften erfolgreich publizieren und wir wurden dafür auch mit mehreren Preisen ausgezeichnet,“ berichtet OA Priv.-Doz. Dr. Andreas Tulzer, Ph.D., Leiter des pränatalen Interventionsprogramms an der Klinik für Kinderkardiologie.
Das Kinderherz Zentrum am Kepler Universitätsklinikum ist in Zusammenarbeit mit der Fetomaternalen Medizin mit 250 pränatalen Herzeingriffen, davon 11 Stentimplantationen, gemeinsam mit der Klinik in Boston weltweit das größte Zentrum für vorgeburtliche Herzeingriffe. Mehr als 80 Prozent der Patientinnen werden aus anderen europäischen Ländern an das Kinderherz Zentrum in Linz überwiesen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung sind die korrekte Diagnose und Indikationsstellung sowie eine rechtzeitige Zuweisung. Erkannt werden diese Herzfehler im Rahmen des üblichen Organscreenings. Expertinnen und Experten aus Krankenhäusern in ganz Europa nehmen dann mit dem Kinderherz Zentrum Kontakt auf, wo Diagnose und Indikation nochmals geprüft werden, bevor die Schwangeren dann ihre Reise nach Linz zum Eingriff antreten. Durch diese komplexen Eingriffe im Mutterleib gelingt es, den natürlichen Verlauf von bestimmten Herzfehlern zu beeinflussen, intrauterine Todesfälle zu verhindern, eine Herzschwäche und auch den Schweregrad eines Herzfehlers entscheidend zu verbessern. Dabei wird die besondere Fähigkeit eines Ungeborenen zur Neubildung von Herzmuskelzellen aus Stammzellen genutzt.
Die Erfolgsrate für diese pränatalen Herzeingriffe liegt am Kepler Universitätsklinikum bei über 90 Prozent. In den meisten Fällen sind natürlich auch nach der Geburt noch Eingriffe bzw. Operationen am Kinderherzen nötig, die dann aber weniger kompliziert sind, sicherer ausfallen und vor allem zu besseren Ergebnissen führen. Möglich ist das durch ein gut abgestimmtes Zusammenspiel von Ärztinnen und Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen. Ein ganz wichtiger Teil des Kinderherz Zentrums und mitverantwortlich für die herausragenden Erfolge bei diesen herausfordernden kleinen Patientinnen und Patienten ist daher das Team der Kinderherzchirurgie am Kepler Universitätsklinikum unter der Leitung von Prim. Priv.-Doz. Dr. Rudolf Mair.
Wichtig bei derartigen Eingriffen ist die kontinuierliche Miteinbeziehung der Eltern durch umfassende Information sowie psychologische Betreuung der Eltern und der größeren Geschwister vor, während und nach dem stationären Aufenthalt.
Das Hypoplastische Linksherzsyndrom ist einer der schwersten Herzfehler und wurde in Österreich 1997 erstmals erfolgreich am Kinderherz Zentrum Linz operiert. Man versteht darunter die Unterentwicklung der ganzen linken Herzhälfte. Hierzu zählen die Mitralklappe (Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Hauptkammer), der linke Ventrikel (linke Hauptkammer), die Aortenklappe (Herzklappe der Hauptschlagader) und die Aorta (Hauptschlagader) mit dem Aortenbogen. Die Herzklappen können verengt (stenotisch) oder vollständig verschlossen (atretisch) sein. Da die linke Herzhälfte nicht funktioniert, ist das Baby für die Durchblutung des Körpers und der Lunge alleine auf seine rechte Herzhälfte angewiesen. Seit 1997 wurden ca. 500 Kinder mit hypoplastischem Linksherz in Linz operiert. Das Kinderherz Zentrum zählt damit europaweit zu den größten Zentren.