Funktionelle Neurochirurgie
Im Bereich der funktionellen Neurochirurgie liegen unsere Schwerpunkte auf der Epilepsiechirurgie sowie der Neuromodulation.
Epilepsiechirurgie
Die zwingende Voraussetzung für ein erfolgreich funktionierendes epilepsiechirurgisches universitäres Zentrum ist die intensive interdisziplinäre Kooperation von Expertinnen und Experten der Bereiche Neurologie, Neurochirurgie und Neuroradiologie, wie sie am Standort Neuromed Campus des Kepler Universitätsklinikums möglich ist.
Bei etwa 65 % der Epilepsiepatienten kann durch antiepileptische Therapie anhaltende Anfallsfreiheit erreicht werden, bei den übrigen 35 % entwickelt sich eine therapieresistente bzw. schwer behandelbare Epilepsie. Grundsätzlich leiden ca. 2/3 der Patientinnen und Patienten an fokalen Epilepsien und 1/3 an generalisierten Epilepsien. 60 % der Patientinnen und Patienten mit einer fokalen Epilepsie leiden wiederum an einer Temporallappenepilepsie, die somit die häufigste Epilepsieform darstellt. Bei ca. 40 bis 50 % der Patientinnen und Patienten mit fokalen Epilepsien gelingt mit einer medikamentösen Therapie keine befriedigende Anfallskontrolle. Falls bei diesen Patientinnen und Patienten im Rahmen der präoperativen Epilepsiediagnostik die Lokalisation derjenigen Hirnregion gelingt, von der die Anfälle ihren Ausgang nehmen, kann durch einen resektiven epilepsiechirurgischen Eingriff in vielen Fällen Anfallsfreiheit erreicht werden.
Diese präoperative Fokuslokalisation erfolgt am Kepler Universitätsklinikum an einer hochspezialisierten Epilepsy Monitoring Unit [EMU] und ist Kernkompetenz der Klinik für Neurologie. Zur Fokuslokalisation kann in Ergänzung zur routinemäßigen elektrophysiologischen Diagnostik die Implantation von Subdural- und Tiefenelektroden durch die Universitätsklinik für Neurochirurgie erforderlich sein. Neben der Hippocampussklerose, welche in über 35 % der Fälle das morphologische Substrat des epileptogenen Fokus darstellt, kommen gutartige hirneigene Tumore, fokale cortikale Dysplasien, Glianarben und Cavernome als Ursachen der fokalen Epilepsie in Betracht.
Abbildung 6
Neuromodulation
Nach Implantation von Stimulationslektroden in tiefe Kerngebiete des Gehirns [tiefe Hirnstimulation, deep brain stimulation (DBS)] sowie an der Dorsalfläche des Rückenmarks [Rückenmarkstimulation, spinal cord stimulation (SCS)] kann durch ein räumlich eng begrenztes elektrisches Interferenzmuster die Reizleitung der unmittelbar benachbarten Nervenbahnen verändert werden. Durch diese sogenannte Neuromodulation ist bei extrapyramidal motorischen Bewegungsstörungen, insbesondere dem Morbus Parkinson, in fortgeschrittenen Krankheitsstadien häufig eine signifikante Verbesserung der neurologischen Defizite zu erreichen und bei einigen chronischen Schmerzpatienten der chronische Schmerz in Rücken und Bein beeinflussbar.
Der wesentliche Vorteil dieser Behandlungsform liegt darin, dass im Gegensatz zu früheren Operationsmethoden, bei denen Nervengewebe definitiv zerstört werden musste, um vergleichbare Effekte zu erzielen [Nukleotomie bzw. Tractotomie], nun dieselbe Wirkung durch Neuromodulation – und damit reversibel und ohne Nervengewebedestruktion – erreichbar ist. Die Stimulationsmuster der implantierten Sonden können von außen vielfältig [Frequenz, Amplitude, Impulsmuster] und in Abhängigkeit der dadurch ausgelösten Effekte und der Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten eingestellt werden.
Abbildung 7