Am Kepler Universitätsklinikum stehen Misshandlungsopfern oder Patientinnen und Patienten, denen physische, psychische oder sexuelle Gewalt widerfahren ist, speziell geschulte und ausgebildete Erstansprechpersonen zur Verfügung. Das Gewaltopfer-Betreuungsteam (GOBT) berät, betreut und versorgt seit nunmehr 15 Jahren Frauen und Kinder, aber auch Männer, denen Gewalt angetan wurde, ganzheitlich und bereichsübergreifend und nimmt damit eine Vorreiterrolle in Oberösterreich ein.
Anlässlich des 15-jährigen Bestehens des Gewaltopfer-Betreuungsteam fand am 28. November 2023 das österreichweite „Krankenhaus-Opferschutzgruppentreffen“ unter dem Ehrenschutz von Gesundheitslandesrätin LH-Stv.in Mag.a Christine Haberlander in Linz statt. Neben Inhalten wie der medizinischen Versorgung von Gewaltopfern sowie der ganzheitlichen Versorgung durch Psychologinnen, Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wurden bei diesem Treffen auch Themen wie Spurensicherung, juristische Fragestellungen sowie Angebote für Opfer und Täter vorgestellt. „Misshandlungen und Gewalt sind eine der hässlichsten Seiten unserer Gesellschaft. Es ist unsere Aufgabe alles zu tun, um Opfer bestmöglich in einer so schwierigen Situation zu unterstützen. Die Hürde, das Thema Gewalt in einem Klinikum anzusprechen, ist niedriger als etwa direkt bei der Polizei. Darum ist es wichtig, dass es entsprechende Einrichtungen in unseren Kliniken gibt, die eine rasche und kompetente Hilfestellung garantieren. Wir wollen rasch und effektiv helfen. Das Gewaltopfer-Betreuungsteam ist dazu ein wesentlicher Schlüssel“, erklärt Gesundheitsreferentin LH-Stellvertreterin Mag.a Christine Haberlander.
Initiiert wurde das oberösterreichische Pilotprojekt 2008 von Mag.a Monika Kern, deren Initiative 2010 mit dem Gesundheitspreis sowie 2017 mit dem Frauenpreis der Stadt Linz ausgezeichnet wurde. Das Team ist multidisziplinär organisiert und umfasst Ärztinnen, Ärzte, Pflegekräfte, Hebammen, Psychologinnen, Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die entsprechend geschult sind. Sie fungieren auch als Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren und sensibilisieren ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kepler Universitätsklinikums und das GOBT-Team sind häufig Erstansprechpersonen in der Gewaltopferbetreuung, sie leiten die Betroffenen weiter zu externen Expertinnen und Experten. Sind Kinder betroffen steht eine Kinderschutzgruppe (KSG) oder das Kinderschutzzentrum als beratendes und übergreifendes Gremium zur Verfügung. Dadurch werden Fälle, in denen Kinder betroffen sind, so früh wie möglich erkannt und eine familienzentrierte interdisziplinäre Betreuung ermöglicht. Wie wichtig die Rolle des GOBT ist, zeigen die Zahlen. Heuer betreute das multidisziplinäre Team bereits 334 Personen (Stand 17.10.2023). Seit 2008 haben bereits 2700 Gewaltopfer das Angebot in Anspruch genommen.
„Es freut mich, dass wir mit unserer Initiative in den vergangenen 15 Jahren vieles für den Gewalt- und Opferschutz leisten konnten. Dazu zählen unter anderem die Unterstützung bei der Implementierung einzelner Opferschutzgruppen, die OÖ-weite Vernetzung der Opferschutzgruppen, in Kooperation mit dem GÖG, die Erarbeitung einer Toolbox zur Thematik diverser österreichischer Opferschutzmaßnahmen inklusive österreichweiter Kooperations- und Ansprechpartner, Erstellung von Leistungsleitlinien und Behandlungsleitfäden für Hausärztinnen und Hausärzte sowie im Jahr 2022 die Gründung des österreichischen Dachverbandes der Opferschutzgruppen im Gesundheits- und Sozialbereich, an dem ich als Gründungmitglied und Vertretung des Kepler Universitätsklinikums mitwirkte. All dies trägt maßgeblich zur Bewusstseinsbildung bei und hilft damit nachhaltig jenen Menschen, denen Gewalt widerfährt“, betont Mag.a Monika Kern, Leiterin des Gewaltopfer-Betreuungsteams am Kepler Universitätsklinikum.
Ziel und Aufgabe des Gewaltopfer-Betreuungsteams ist es zum einen, Kolleginnen und Kollegen innerhalb des Universitätsklinikums zu sensibilisieren, ihnen Handlungsrichtlinien und Hilfestellung im Umgang mit von Gewalt Betroffenen zu geben. Sie erfahren, welche Indikatoren beim Erkennen von Gewaltbetroffenen zu beachten sind, wie Schutz und Hilfe geleistet werden kann. Jede weitere Gefährdung muss ausgeschlossen werden. Neben der korrekten Beweissicherung (Fotos, Proben, Kleidung) und einer entsprechenden berufsgruppenübergreifenden elektronischen Dokumentation werden Betroffene ganzheitlich betreut, denn neben der medizinischen oder pflegerischen Behandlung ist häufig psychologische oder soziale Unterstützung erforderlich.
Zum anderen wird Betroffenen Mut gemacht, spezifische Angebote in Anspruch zu nehmen, damit sie begleitet aus ihrer gewaltvollen Existenz herauskommen und sich wieder eine individuelle und sichere Existenz aufzubauen können. Kooperationen mit der Polizei, Gerichtsmedizin, dem Gewaltschutzzentrum, dem Frauenhaus, dem Autonomen Frauenzentrum, dem Kinderschutzzentrum und der Krisenhilfe u. v. m. sind dabei sehr hilfreich.