Monatelange Vorfreude, grenzenlose Liebe, Aufbau einer einzigartigen Verbundenheit – und dann: Traurigkeit, Angst, Wut. Die Begleitung von Paaren, die während der Schwangerschaft, rund um die Geburt oder kurz nach der Geburt den Verlust ihres Kindes erleben, ist eine außergewöhnliche und herausfordernde Aufgabe.
Die Aufgaben der Pflegekräfte der Station für Gynäkologie am Kepler Universitätsklinikum erstrecken sich weit über die üblichen gynäkologischen Themen. Neben der Betreuung gynäkologischer Anliegen und onkologischer Erkrankungen liegt ein besonderer Fokus auf der mitfühlenden Unterstützung bei komplexen Schwangerschaften, medizinisch notwendigen Schwangerschaftsabbrüchen sowie Fehl- und Stillgeburten. Die emotionale Belastung ist auch für die Pflegekräfte auf der Gynäkologie-Station ist hoch - wichtig ist es, sich auf die unterschiedlichen Situationen einzulassen: sei es Mut zusprechen bei onkologischen Patientinnen oder das Mittrauern bei Eltern, die ihr Kind verloren haben.
„Eine ausstrahlende Ruhe und ein Blick verraten die Ankündigung der Aufnahme. Jeder auf der Station kennt sich aus. Eine Aufnahme von einem Paar, das soeben die schlimmsten Worte gehört hat, die man als werdende Eltern hören kann. Es tut uns leid, Ihnen sagen zu müssen, das Herz Ihres Kindes schlägt nicht mehr..“
Das Pflegeteam der Gynäkologie kümmert sich um Unterstützung bei komplexen Schwangerschaften, medizinisch notwendigen Schwangerschaftsabbrüchen sowie Fehl- und Stillgeburten. Dazu zählt auch eine oft wochenlange Begleitung von schwangeren Frauen. Die Ungewissheit, ob das Kind die Schwangerschaft überlebt oder nach der Geburt genug Kraft hat am Leben zu bleiben, ist für die Eltern unerträglich. Wenn die Nachricht über den Tod eines ungeborenen Kindes übermittelt wurde, führt der weitere Weg die Familien jedenfalls auf die Station. Mehr als 120 Familien werden pro Jahr vom Stationsteam einfühlsam bei der Stillen Geburt begleitet.
Organisatorisch wird bei Stillen Geburten vorab ein Einzelzimmer vorbereitet in dem auch der Partner mit aufgenommen werden kann – das von einer Künstlerin gestaltete „Nicht stören“ Bild am Zimmereingang sorgt dafür, dass alle Berufsgruppen Bescheid wissen: von der Pflege bis zu Reinigungskräften und Medizinerinnen bzw. Medizinern ist hier ein sensibler Umgang unumgänglich.
Ebenso wird im Team besprochen welche Pflegekraft die Betreuung der Eltern übernehmen möchte und auch ausreichend Ressourcen dafür hat, trotz normalem Pflegealltag. Folder und Informationsmaterial werden dem Paar als Unterstützung ausgehändigt. Bis zur 20. Schwangerschaftswoche wird die Geburt in der Regel von den diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegekräften begleitet, während darüber hinaus oft auch Hebammen hinzugezogen werden. Die Basisausbildung in Palliativpflege erweist sich durch den sensiblen Charakter der Situationen als äußerst hilfreich.
Die Aufgaben der Pflegekräfte sind vielfältig und reichen von Erstgesprächen über die Geburtsvorbereitung bis zur Betreuung der gesamten Familie, einschließlich Kinder und Partner. Es gibt zwar meist einen groben Geburtsablauf, die individuellen Bedürfnisse der Familien stehen aber stets im Vordergrund.
In einem Bereich, in dem Geburt normalerweise den Beginn symbolisiert, wird hier zugleich ein Abschiedsprozess eingeleitet. Empathie und Feingefühl stehen daher im Mittelpunkt der Pflege: Wie können die Betroffenen bestmöglich unterstützt werden? Die Antwort liegt in der Bereitschaft zuzuhören, da zu sein und Raum für den individuellen Umgang mit der Situation zu geben. Nähe und Distanz müssen dabei in ausgewogenem Maße gewahrt werden, und die Pflegekräfte stehen in enger Zusammenarbeit mit Hebammen, Psychologinnen/Psychologen, Seelsorgern und Ärztinnen/Ärzten.
Ein Schwerpunkt liegt natürlich auch am Abschied nehmen: egal mit wem, egal wann und egal wie oft – das bestimmen einzig und alleine die Eltern. Die Verabschiedung von ihrem Kind ist für die Eltern ein essentieller Bestandteil der Verarbeitung dieses Schicksalsschlags und ist oft der Anstoß für den Beginn des Trauerprozesses.
Was bleibt, ist oft eine wahnsinnig große Leere. Das Pflegeteam bemüht sich, für die Eltern Erinnerungen zu schaffen – sie werden dabei begleitet, das Kind zu halten, den Tod zu „be-greifen“ und sich zu verabschieden. Bunt bemalte Steine, Fotos der Kinder und eine Erinnerungskerze sorgen dafür, dass die Eltern nicht mit leeren Händen nach Hause gehen. Wie es weitergeht, liegt in den Händen der Eltern. Bei allen Fragen, die aufkommen, wird vom Pflegeteam unterstützt oder weitervermittelt.
Textinput: DGKP Carina Katzengruber, DGKP Andrea Gassenbauer und DGKP Tanja Czerwenka